Hunderttausende Tonnen Polystyrol-Dämmplatten als gefährlicher Abfall eingestuft

HBCD-haltige EPS- und XPS-Platten müssen in Deutschland künftig teuer entsorgt werden – nicht so in Österreich (Update)

05.10.2016 – Seit 1. Oktober werden Polystyrol-Dämmstoffe, die mehr als 0,1% des Flammschutzmittels HBCD (Hexabromcyclododekan) enthalten, von der deutschen Abfallverzeichnis-Verordnung als gefährlicher Abfall eingestuft, liest man auf natureplus.org. Das heißt, dass derartige Dämmstoffe in Deutschland nur noch in dafür zugelassenen Verbrennungsanlagen entsorgt werden dürfen. Nach Einschätzung des deutschen Umweltbundesamtes sind "erhebliche Entsorgungskosten" für die Hausbesitzer zu erwarten.

Sondermüll auf Deutschlands Hausfassaden

Von HBCD-haltigen EPS- und XPS-Dämmplatten seien auch heute noch Lagerrestbestände im Umlauf. Die Produkte wurden in den vergangenen Jahren bei der energetischen Sanierung oder beim Umbau von Bestandsgebäuden in einer Größenordnung von mehreren hunderttausend Tonnen pro Jahr verwendet. Laut natureplus enthielt bis Mitte 2015 die überwiegende Mehrheit der Polystyrol-Dämmstoffe zwischen 0,7 und 1,5% HBCD. Seit März dieses Jahres gilt für HBCD in der EU ein weitgehendes Handels- und Verwendungsverbot. Mit der Umstellung der Produktion auf HBCD-freie Dämmstoffe wurde erst 2014 begonnen, so natureplus.

Fehlende Entsorgungskapazitäten

Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) weist unterdessen darauf hin, dass es aufgrund fehlender Kapazitäten bei der Entsorgung HBCD-haltigen Polystyrols sehr wahrscheinlich zu "dramatischen Engpässen" kommen wird. Nur wenige Müllverbrennungsanlagen seien in Deutschland auf die Entsorgung des speziellen Sondermülls zugelassen. Und jene seien schon jetzt überlastet. Verschärfend kommt hinzu, dass HBCD-haltige Dämmstoffe durch ihren hohen Heizwert den Verbrennungsvorgang stören und die BDE-Mitgliedsunternehmen deshalb künftig die Annahme dieser Stoffe verweigern werden.

So schädlich ist HBCD

Laut natureplus.org hat HBCD vier problematische Eigenschaften für die Umwelt: Es ist giftig, vor allem für Gewässerorganismen wie Krebstiere und Algen. Der Stoff ist zudem persistent, das heißt langlebig, weil er in der Umwelt schlecht abgebaut werden kann. Außerdem reichert sich HBCD in vielen Lebewesen an und hat ein hohes "Ferntransportpotenzial". Wegen dieser Eigenschaften wird HBCD als "besonders besorgniserregender Stoff" nach den Kriterien der Europäischen Chemikalienverordnung REACH und als persistenter organischer Schadstoff unter der internationalen Stockholm-Konvention geführt.

In Österreich verhält es sich anders (Update vom 7.10.2016)

Laut einer von der Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum (GPH) am 7. Oktober veröffentlichten Presseaussendung habe das österreichische Umweltministerium in einem Erlass bestätigt, dass "in Österreich HBCD-haltiges Styropor auch zukünftig als nicht gefährlicher Abfall einzustufen ist." Somit dürfe es in Müllverbrennungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle weiterhin mitverbrannt werden.

Nach Informationen der GPH haben deren Mitgliedsbetriebe (Austrotherm, Austyrol, Bachl, Brucha, EPS Industries, Flatz, Hirsch, Steinbacher und Swisspor) im Januar 2015 auf die Produktion mit dem alternativen Flammschutzmittel pFR umgestellt. Seitdem seien alle Produkte dieser Hersteller HBCD-frei.

_mr / Quelle: www.natureplus.org