Holzbaupreis 2023 > das Neni

Bauherr: Dr. Peter Raunicher
Zimmerer: Holz- und Treppenbau Ganahl, 6791 St. Gallenkirch
Architekten: Madritsch Pfurtscheller (Robert Pfurtscheller Planer), 6020 Innsbruck
Tragwerksplanung: Holz- und Treppenbau Ganahl, 6791 St. Gallenkirch
Fensterbauer: Tischlerei Johannes Kieber, 6780 Schruns

PRÄMIERT
BEIM VORARLBERGER HOLZBAUPREIS 2023
SONDERPREIS "Kluges Bauen mit Holz - Plus" und
ANERKENNUNG IN DER KATEGORIE SANIERUNG/ANBAU/AUFSTOCKUNG

Adresse

Dr. Peter Raunicher
Unterdorfstraße 7a
6780 Schruns

das Neni

Der alte Stall, der in seinem Ortszusammenhang richtig war, weil historisch gewachsen, wurde „so“, also in einer möglichst unveränderten Form verwendet. Das benötigte neue Raumprogramm (Chalet mit zwei Apartments) wurde in die genommene Bestandskubatur bzw. -struktur möglichst vorsichtig eingewoben, wobei das bestehende in seiner Formen- und Materialsprache das neue bestimmte. Sämtliche anfallende Materialien (Holzböden, Holzschalung, Holzbalken u.a.) wurden im Sinne eines Beibehalten des Charakters weiterverwendet und durch Naturstoffe wie Lehmboden und -wände, Weißtanne (Holztäfel, Holzküche, Holzfenster und Holzmöbel. Von Außen betrachtet blieb der Stall weitestgehend unverändert, wieder seine baukulturelle Geschichte zeigend, nicht musealisiert sondern mit neuem Leben ge- und erfüllt.

Denkanstoß für kluges Bauen mit Holz-Plus

Grundsätzliches.
Vorangestellt ein Zitat von Peter Zumthor: „Die Baukulturen, die Dörfer, Städte, Häuser, mit denen ein Mensch aufwächst, sind Teil seiner Lebensgeschichte und auch ein Teil des Raumes, in dem sein Leben eingebettet ist. (…) Es haben Menschen in diesen Gebäuden gearbeitet und mit ihnen gelebt, und manche haben sich vielleicht auch an ihnen abgearbeitet. (…) Ich verstehe unter „heimaten“ Gebäude, die einen emotionalen Wert haben, weil sie an ihrem Ort verankert sind und diesen Ort begründen. Solche Bauten vermitteln uns das Gefühl, irgendwo dazuzugehören. Dieses Gefühl macht uns ruhig. wir kommen alle aus Häusern. Nimmt man uns zu viele dieser Häuser weg, wird es ungemütlich.“

Die gebaute Struktur wurde folglich als ökonomisch, historisch, materialtechnisch, handwerklich, semantisch und emotional wertvolle Ressource betrachtet. Es sollte kein Verschwinden aus der gewachsenen Dorfstruktur geben, vielmehr wurde es als Ausgangsmaterial, als Geschichte, als „immer schon dagewesen“ verstanden. Bauen im Bestand als weiterbauen an und mit tradiertem, mit alten und neuen Verbindungen schaffend, knapp in Größe und Ressourcenverbrauch, kurz: sinnstiftend, viele und vieles berührend.

Statement der Jury

Häuser verändern durch ihren unterschiedlichen Gebrauch, oft im Laufe der Zeit, ihre Funktion. Wenn noch dazu der Fall eintritt, dass Größe, Konstruktion und Materialität der neuen Funktion auf den „Leib“ geschneidert ist, wird, wie selbstverständlich, aus einem Ziegenstall ein nobles Chalet. Die kluge und unaufdringliche Beifügung dienender Räume ergänzt das Ferienjuwel perfekt.

Statement der Jury – Sonderpreis Kluges Bauen mit Holz +

Einen alten Stall in ein Chalet zu verwandeln, und dabei die gesamte Gebäudekonstruktion und das äußere Erscheinungsbild zu erhalten, ist schon allein für sich ein besonders kluger Umgang mit einer ungenützten Bausubstanz.!! Doch auch im Detail zeigt dieses Projekt besonders kluge Überlegungen zur Erhaltung und Modernisierung des Objektes. Sogar die alte Balkendecke mit Bretterboden wurde zur Gänze erhalten. Wenige Holzbalken, die aus statischen Gründen ausgebaut wurden, sind woanders wieder eingebaut und erfüllen so einen neuen Zweck. Statt einem konventionellen Fußbodenaufbau wurde ein Stampflehmboden mit Fußbodenheizung eingebracht. Dieser schafft ein behagliches Raumklima und bringt zusätzlich Speichermasse für Wärme und Feuchtigkeit in die Holzbaukonstruktion. !! Die Wertschätzung und der behutsame Umgang mit dem Bestand, die ressourcenschonende Modernisierung mit regionalen Naturbaustoffen und der enorme Gewinn am Nutzen des Gebäudes, zeigt, wie viel Schönes mit klugen Ideen und hochkarätigem Zimmererhandwerk möglich wird. Hier wurden echte Mehrwerte geschaffen.

Weitere Projektdaten

  • Fotograf: Daniel Pfurtscheller
  • Ausführung/Bauweise Boden: Der Boden als Lehmstampfboden mit Fußbodenheizung ausgeführt. Der Bretterboden im 1 OG blieb unverändert, wurde lediglich gereinigt und zwecks Belichtung teilweise geöffnet.
  • Ausführung/Bauweise Wand: Sämtliche Wandoberflächen wurden mit einer unbehandelten Weißtannenschalung belegt und im 1 OG durch eine Lehmwand mit integrierter Wandheizung ergänzt.
  • Ausführung/Bauweise Decke: Die Zwischendecke aus einer Balkenlage mit Bretterboden blieb unverändert, wurde lediglich gereinigt und zwecks Belichtung teilweise geöffnet. Sämtliche Deckenoberflächen wurden mit einer unbehandelten Weißtannenschalung belegt.
  • Nutzfläche: 85
  • Fenster: Holzfenster
  • Energie: Heizungstechnisch wurde das Gebäude am nahen Elternhaus des Bauherren über eine bestehende Fernwärmeleitung angeschlossen. Statt Energie aus der Solaranlage ans Elternhaus zu liefern, wird über die Fernwärmeleitung Energie von dort bezogen. Die bestehende Solaranlage am Dach blieb bestehen und wurde ins Heizungssystem integriert. Durch das einheitliche Heizsystem aus Boden- und Wandheizung können einheitliche Temperaturen für einen energiesparenden Betrieb gefahren werden.
  • Fertigstellung (Jahr): 2022
Tischlerküche mit Lehmboden
Aus dem Bett freier Blick in den Garten und die umliegende Bergwelt
Ausrichtung Garten und Berge
Ausrichtung Süden - freie Sicht über die Felder und  auf die Tschaggunser Mittagspitze
Das Neni