... das Einfamilienhaus, geliebt, kritisiert, attackiert ...

Die Kritik am Einfamilienhaus schwillt seit Jahren an, aber inwieweit sie in ihrer Pauschalität gerechtfertigt ist, sollte hinterfragt werden. Speziell im ländlichen Raum steht der Wunsch nach einem Einfamilienhaus an erster Stelle. Die Gründe dafür sind vielfältig, allen voran steht der Wunsch im eigenen Haus frei und selbstbestimmt zu leben. Leider ist dies in verdichteten Wohnbauten selten möglich. Es gibt zu wenige attraktive Angebote an guten und trotzdem leistbaren Eigentumswohnungen. Die Kostenrechnung verhindert oft eine bessere Architektur,

die den Menschen jene Individualität liefert, die sie sich wünschen. Die multiplen Teuerungen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass ein eigenes Haus nur noch schwer leistbar ist. Dennoch werden Einfamilienhäuser gebaut, halt etwas kleiner, etwas durchdachter und auf weniger Grundfläche, als dies in früheren Jahren der Fall war. Gut so! Wenn diese "klügeren" Einfamilienhäuser in Holz gebaut und ökologisch optimiert werden, dann ist das pauschale "Hinhauen" auf diese Wohnform keineswegs gerechtfertigt. Wenn dann auch noch das Verbot dieser Wohnform und das diesbezügliche Abschaffen der Wohnbauförderung skandiert wird, dann passt das eher in eine Diktatur, aber nicht in eine Demokratie. Diese "intellektuelle" Variante des Einfamilienhaus-Bashings erinnert an schon fast vergessene klassenkämpferische Parolen.

Wäre es nicht viel sinnvoller, in Sachen "Bodenfrass" den Blick auf andere Baustrukturen zu werfen? Sind nicht die unzähligen (vielfach überflüssigen) Supermärkte und Minihandelszentren, zahlreiche niedrige Industriebauten und die vielen Riesenparkplätze bei Einkaufszentren, Industriebetrieben und Freizeitanlagen ebenfalls große "Bodenfresser"?

Wo bleibt diesbezüglich die Hinterfragung? Wenn schon politische Initiativen gefordert werden, dann könnte auch nachgedacht werden, wie die aufstockbaren Handelszentren inkl. ihrer Parkflächen wohnbaumäßig genutzt werden könnten - oder ist der Einfamilienhausbesitzer - politisch gesehen - einfach nur der leichtere Gegner?

Gut gebaute und ökologisch optimierte Einfamilienhäuser, angepasst an das Notwendige und rücksichtsvoll eingefügt in die Umgebung sind nicht das große Problem in Sachen Bodenversiegelung. Das aktuelle Preisniveau wirkt eh schon beschränkend, und zudem führt es verstärkt dazu, dass immer mehr ältere Einfamilienhäuser dank guter Umbauten zu komfortablen Generationshäusern werden. Und wenn die Substanz eines alten Gebäudes gar keine Sanierung zulässt, dann, ist ein guter Ersatzneubau auf demselben Grund sicher kein Bodenfresser. Die Siedlungsränder und die landwirtschaftlichen Flächen müssen nicht angegriffen werden. Es reicht, wenn auf den gewidmeten Flächen zukünftig schöner und verhältnismäßiger gebaut wird.

Dr. Matthias Ammann
Geschäftsführung vorarlberger holzbau_kunst

Bild: Cornelia Hefel